Wie gestaltete sich der Reisealltag vor Ort?
Der Tag begann stets früh in Tansania. Er hatte seinen Start zwischen 07.00 Uhr und 07.30 Uhr, auch, weil die Kinder auf dem Konvent schon um 07.00 Uhr ihren Tag mit Gesang und Gebet im Innenhof starteten und auch der natürliche Wecker durch einen Hahn direkt nebenan funktioniert gut.
Nach dem Frühstück, was meist aus angebratenen Toast, manchmal Eiern, Pfannkuchen und angebratenen Wurzeln oder Kochbananen und Kaffee bestand, wurde dann gleich die Arbeit an den Projekten sowie mit dem sonstigen Tagesprogramm gestartet.
Nach dem Mittagessen – meist Avocado oder Suppe und dazu ein Hauptgericht - wurde ich stets etwas müde und die Stimmung um die Mittagszeit war durch die Mittagshitze recht drückend, was möglicherweise mit der Äquatorsonne zusammenhängen könnte. Als Abendessen gab es dann verschiedenste Gerichte; beispielsweise Salat, Reis und Fleisch, welches es extra für uns als Zeichen der Gastfreundschaft gab. Zu den Gerichten gab es Tomatensoße oder Pilipili – eine selbstgemachte Chilisauce hergestellt aus Chili aus eigenem Anbau.
Nach dem Essen wurde dann häufig noch mit den Schneiderinnen auf dem Konvent gespielt und es bot sich der zeitliche Freiraum, die Eindrücke des vergangenen Tages nochmal auf sich wirken zu lassen und zu verarbeiten. Das Erlebte war doch meist intensiver als ich es mir hätte vorstellen können, und ich war geprägt von Nachdenklichkeit über die sehr bescheidenen Umstände, in denen die Menschen in Tansania leben und auf der anderen Seite von der Faszination über die gute Laune und Lebensfreude, die die Menschen trotz dessen an den Tag legen. Anschließend ging es dann auch gar nicht allzu spät ins Bett, da der nächste Tag wieder früh starten sollte.
Das Essen für die Reisenden wurde stets von Sr. Monica und Angela zubereitet und war bedingungsloser Ausdruck der umfassenden Gastfreundschaft, die uns entgegengebracht wurde.
Waisen und Halbwaisen, die wir betreuen, stehen im Zentrum unserer Arbeit. Deshalb nun die Frage, wie denn eigentlich der Umgang mit den Kindern und Jugendlichen vor Ort war?
Grundsätzlich waren die Kinder sehr begeistert und zeigten sich sehr offen.
Der Umgang miteinander war zunächst von einer frontalen und hierarchischen Struktur geprägt. Dies änderte sich allerdings mit der Zeit. Durch Projekte wie dem Selfie-Video Projekt, welches den Kindern zunehmend Zugang zu Dialog ermöglicht und ihnen eine eigene Stimme gibt, oder aber dem „Glücksprojekt“, in dem die Kinder Bilder malen durften, kamen spannende Gespräche zustande. Die Projektarbeiten in den Schulen fanden in Räumen statt, die sich stark von Schulen in Deutschland unterschieden. Teilweise hatten die Fenster keine Fensterscheiben oder der Unterricht fand direkt unter dem freien Himmel statt.
Welche Auswirkungen hatten unsere Reisen nach Tansania bisher?
Die Projekte vor Ort erfuhren durch jede Reise eine starke Weiterentwicklung. Durch die täglichen Workshops mit den Schwestern lernten wir uns menschlich in unseren unterschiedlichen Zugangsweisen zu Problemstellungen kennen und kamen uns im Ringen nach Lösungswegen näher. Es verbesserte sich beispielsweise die Budgetierung. Auch die Erstellung und der Transfer von Daten in speziellen Formaten, die wir als gemeinnütziger Verein für die Anforderungen an das deutsche Steuersystem benötigen, erleichtern sich zunehmend.
Wir konnten einen tiefen Einblick in die Sichtweisen der Schwestern auf das Stipendienprogramm und den zielgerichteten Auswahlprozess von Stipendiat*innen für das Programm gewinnen und uns darüber mit ihnen austauschen.
Während der letzten Reise wurde das Videoprojekt ins Leben gerufen. Dies lässt vor Ort Videos und Fotos entstehen, die für unsere Arbeit wertvoll sind, weil wir damit die Spender*innen informieren und unseren Social Media nähren können.
Doch nicht nur auf die Projekte vor Ort haben die Reisen Auswirkungen gehabt. Auch bei den Mitreisenden hinterließen sie stets Spuren. Viele berichteten, dass sie sich dem Projekt durch die Reise noch mehr verbunden fühlten und die persönliche Erfahrung vor Ort absolut prägend für das eigene Engagement waren. Die Mitgereisten legten nach der Reise einen höheren Grad an Professionalität und Vorkenntnis bei ihrer Arbeit für die Arbeit im Verein an den Tag; einerseits aufgrund der kennengelernten Arbeitsweise der Schwestern, andererseits durch die tieferen Einblicke in die Projekte und das daraus resultierendes bessere Verständnis, das sie erhielten.
Zu den eindrücklichsten Momenten, die dabei in Erinnerung hängen blieben, gehört die Erkenntnis, was für einen langen Schulweg Kinder aus Tansania auf sich nehmen müssen und auch wollen, um eine Schulbildung zu erhalten. Und selbstverständlich war auch die Lebensfreude und Zufriedenheit mit nur wenig Besitz der Menschen in Tansania sehr eindrucksvoll.
Die umfassende Gastfreundschaft der Menschen in Tansania blieb ebenfalls im Nachklang besonders hängen, gerade da die Menschen stets großherzig gaben, obwohl sie selbst beispielsweise nur wenig Lebensmittel zur Verfügung stehen hatten.
Ein weiteres Mitbringsel aus der Zeit ist die Ansicht „Rege dich nicht länger als 5min über etwas auf, an das du dich in 5 Jahren nicht mehr erinnerst“.
Die Reisen wurden insgesamt also ein wertvoller Referenzpunkt für das persönliche Erleben. Sie haben zur Vielfalt der persönlichen Lebenserfahrungen beigetragen und wertvolle Perspektiven eröffnet.
Auf die Frage, ob man nochmal gerne an der Reise nach Tansania teilnehmen würde? wurde stets mit Zustimmung geantwortet. Dies ist vermutlich schon aus den vorangegangenen Zeilen abzuleiten. Als Antwort auf die Frage wurden zudem noch verschiedene Gründe genannt; so beispielsweise auch die Neugier, zu sehen, was sich in Tansania verändert hat und damit die Wirkung der Arbeit direkt vor Ort mitzuerleben.
Ein wichtiger Motivator ist es, den Kontakt mit den Schwestern weiter zu pflegen und Projekte aufzufrischen oder neue umzusetzen.
Zuletzt wurde auch wieder der Einfluss, den eine Reise auf das persönliche Leben hat als Beweggrund genannt: “Die Reise ist bereichernd, erdet und lenkt den Fokus auf die wirklich wichtigen Dinge im Leben .”